
Die Digitalisierung schreitet immer schneller voran. Die Corona-Pandemie beschleunigt die Entwicklung zusätzlich. Die NGG.NRW unterstützt die Betriebsräte in unseren Branchen und bietet im NRW-Projekt Arbeit 2020+ eine Plattform für den digitalen Erfahrungsaustausch. Wie das geht, erklärt Manja Wiesner im Interview mit dem Magazin "Schnittpunkt" der TBS NRW.

Manja, Du bist in den Reihen der NGG mitverantwortlich für das Projekt „Arbeit 2020+ in NRW“ und den Betriebsrätearbeitskreis, der seit 2018 existiert. Wer kann alles dabei sein und womit beschäftigt ihr Euch?
Die Digitalisierung hält auch in den NGG-Branchen mit zunehmender Wucht Einzug. In dieser Situation suchen die Interessenvertretungen nach Orientierung für ihre eigene Arbeit. Aus diesem Grund wurde der Betriebsrätearbeitskreis eingerichtet: Er dient als Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen den Betrieben unserer Branchen. Deshalb sind alle Betriebsratsmitglieder herzlich willkommen, sich einzubringen und den Austausch für die eigene Praxis zu nutzen. Es sind die Teilnehmenden, die dabei die Themen bestimmen. So hatten wir etwa schon die digitale Arbeitszeitgestaltung, Leistungs- und Verhaltenskontrollen oder die Kommunikation im Betrieb als Schwerpunkte. Wir sind nicht festgelegt in den Themenstellungen – und das ist es, was diesen Arbeitskreis interessant und wertvoll macht.
Nun bestimmt seit etwa einem Jahr die Corona-Pandemie den Betriebsalltag. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung für Dich, die Betriebsräte und die Arbeit im Projekt?
Die große Herausforderung ist, sich täglich auf veränderte technische und organisatorische Möglichkeiten einzustellen. Wir erleben ständig veränderte Rahmenbedingungen, ohne dass man weiß, wie lange die neu gefundenen Regeln und Arbeitsweisen halten werden. Durch die Kontaktbeschränkungen können wir zum Beispiel betriebliche Digitalisierungsprojekte in den Betrieben vor Ort kaum begleiten. Workshops hingegen sind zwar digital möglich, ein gemeinsames Erarbeiten von Themen und Fragestellungen ist jedoch deutlich erschwert. Dabei zeigen die Folgen der Pandemie unverkennbar, wie wichtig das Thema Digitalisierung ist.
So haben Betriebsversammlungen 2020 nur vereinzelt stattgefunden, da die technischen Möglichkeiten in unseren Betrieben häufig begrenzt sind. Zudem stellen wir durch die Pandemie fest, dass die Fähigkeiten und die Kompetenz im Umgang mit digitaler Technik von den Arbeitgebern in der Vergangenheit nicht gefördert wurden. Dabei erfordert der jetzt stattfindende Digitalisierungsschub, dass Betriebsräte sich noch zügiger einbringen und ihre Mitbestimmungsstimme erheben. Häufig vergessen nämlich die Arbeitgeber, dass Betriebsräte mitgenommen werden müssen. Und ehe man sich versieht, sind eine Software umgesetzt und die bisherige Arbeitsweise, die Abläufe und die Regeln verändert.
Wie geht es weiter mit dem Betriebsrätearbeitskreis?
Der Bedarf nach Wissen und Austausch zur Digitalisierung im Betrieb ist heute deutlich höher als vor der Corona-Zeit. Digitalisierung bedeutet ja nicht allein, dass technische Innovationen eingeführt werden. Sie verändert uns, unsere Arbeits- und Herangehensweisen, unsere Regeln und unsere Fähigkeiten. Und da die Themen in großer Menge vor uns auf dem Tisch liegen, erhält der Arbeitskreis nochmal eine besondere Bedeutung. Daher werden wir für 2021 mehrere digitale Arbeitskreise zu kleineren Themeneinheiten anbieten. Und sobald es wieder möglich ist, freuen wir uns alle auf einen Präsenz-Arbeitskreis. Das wäre eine große Erleichterung. Denn Wissenstransfer und zielgerichteter Austausch sind zwar digital genauso möglich wie in Präsenz-Veranstaltungen. Dennoch findet das persönliche Gespräch in der Kaffeepause, beim Essen oder beim gemeinsamen Erarbeiten von Fragestellungen nicht mehr statt. Bei Präsenz-Veranstaltungen lernt man sich besser kennen und entwickelt das erforderliche Gefühl für das Gegenüber. Das fördert auch den Wissenstransfer. Wir hoffen deshalb, dass wir die Betriebsräte schon bald wieder auch zu Präsenzveranstaltungen einladen können.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die TBS NRW ist auch 2021 Umsetzungspartner im Projekt „Arbeit 2020+ in NRW" und unterstützt den Betriebsrätearbeitskreis der Gewerkschaft NGG mit inhaltlichen Beiträgen, bei der Moderation und mit Beratungsangeboten.
Links & Downloads
Ernährungsindustrie
Kostet die Digitalisierung Jobs?
Magazin Schnittpunkt
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Projekt Arbeit 2020
Wie können Betriebsräte die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Zeiten der Digitalisierung am besten vertreten? Im Projekt Arbeit 2020 in NRW unterstützen Gewerkschaften Betriebsräte dabei, eine passgenaue Antwort für ihren Betrieb zu finden. Denn Industrie 4.0 braucht die Gestaltung von Arbeit 4.0.
Gemeinsam mit Betriebsräten und Industrie-Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen wollen wir Digitalisierung in den Betrieben so gestalten, dass die Interessen von Beschäftigten im Zentrum stehen. Gestartet wurde das Projekt von den Gewerkschaften IG Metall NRW, IG BCE Nordrhein, NGG NRW und dem Deutschen Gewerkschaftsbund NRW. Seit Januar 2020 nimmt die IG BAU Rheinland als weitere Gewerkschaft an dem Projekt teil.
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